Hier findet Ihr eine kurze Zusammenfassung der Geschichte der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn und der Burschenschaften in Breslau. Unsere Studentenverbindung blickt auf eine lange Tradition zurück.
Bis heute reichen wir die Flamme unseres geschichtlichen Erbes weiter und wahren das Andenken an den deutschen Osten.
Entstehung der Breslauer Burschenschaft
Im Jahre 1811 wurde die Universität Frankfurt a. d. Oder nach Breslau verlegt, um durch Vereinigung mit der dortigen Jesuitenhochschule, der Leopoldina, eine vollwertige Universität im Osten Preußens zu schaffen.
Gleichzeitig wechselten zwei Landsmannschaften mit an die neue Hochschule: die Marchia und die Silesia. Aus ihnen entstand schon zwei Jahre nach der Gründung der Urburschenschaft in Jena, am 27. Oktober 1817, die erste Breslauer Burschenschaft, welche sich anfänglich Teutonia, während der Demagogenverfolgung in den folgenden Jahren auch zeitweise Arminia nannte. Der frühe Entstehungszeitpunkt war mit Folge der Bedeutung Breslaus als Ausgangspunkt der patriotischen Freiheitsbewegung: Bereits 1813 hatte der preußische König seinen berühmten Aufruf zur Bildung bewaffneter Einheiten verkündet, von denen später die Lützower Jäger am bekanntesten wurden. Der Chargenwichs der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn erinnert noch heute an die Uniformröcke der Lützower Jäger. Der Zobtenberg bei Breslau, Sammlungsort der in den Kampf ziehenden Truppen, war seit damals bis zum Zweiten Weltkrieg regelmäßig Schauplatz großer Korporationsveranstaltungen.
Erst 1819 trat die Breslauer Burschenschaft der ein Jahr zuvor gegründeten „Allgemeinen Deutschen Burschenschaft“ bei – innere Probleme waren, wie schon bei der Nichtteilnahme am Wartburgfest 1817, die Ursache.
Verfolgung Breslauer Burschenschaften
Noch im gleichen Jahr 1819 mußten wie überall in Deutschland auch in Breslau die Burschenschaften in den Untergrund gehen, Folge der „Karlsbader Beschlüsse“ Metternichs. Mehr als zwanzig Jahre lang spielte sich der Korporationsbetrieb im Verborgenen ab. Nach 1830 traf man sich am häufigsten zu geheimen Besprechungen beim Gastwirt ‚Raczek‘ in der Klosterstraße; seinen Namen hat die älteste Breslauer Burschenschaft nach 1850 dem ihrigen angefügt.
Die schon in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts einsetzende Spaltung der burschenschaftlichen Bewegung in die „germanistische“, politisch bekennend und aktiv nach außen, und die „arministische“, nach innen gekehrte Richtung führte im Revolutionsjahr 1848 zur Entstehung der (neuen) Arminia – Dokumentation einer Zerrissenheit, die der Burschenschaft insgesamt den politischen Atem nahm.
Für Deutschlands Freiheit und Einheit waren die Raczeks immer vorne mit dabei.
Einem patriotisch motivierten Versuch, alle Breslauer Korporationen im Jahre 1859 zum 100. Geburtstag Friedrich Schillers zu vereinen, war kein Erfolg beschieden: Bald danach schon schieden die beiden Breslauer Burschenschaften wie auch andere Verbindungen wieder aus; der Rest bestand als freie Verbindung weiter, welche sich 1861 zur Burschenschaft Germania umwandelte.
Mit dem Entstehen des kleindeutschen Kaiserreichs wurden die Burschenschaften „seßhaft“. Bis 1930 hatten drei Breslauer Burschenschaften ihr eigenes Haus, von denen heute keines mehr steht. Für die vierte hatte wohl die Zeit bis zur Auflösung der Burschenschaften 1935 nicht mehr zum Hauserwerb gereicht. Diese war 1876 als Burschenschaft Cheruscia aus einer allgemeinen Korporation entstanden, in der Folge zeitweise aufgelöst und hatte sich 1910 an der Technischen Hochschule Breslau wiedergegründet.
Das Entstehen mehrerer Burschenschaften an einem Hochschulort war nach 1860 wohl mehr Folge des Beharrungsvermögens der einzelnen Verbindungen, bei Statutenänderungen unabhängig zu bleiben, denn Folge prinzipieller Differenzen.
Ich trug das schwarz-rot-goldne Band
Auch vor Verdun im welschen Wald.
Kampf war von Volk zu Volk entbrannt,
kein Sekundant rief klirrend „halt“.
Walter Flex
Aufschwung in den 20ern nach dem Ersten Weltkrieg
Nach den großen Opfern des Ersten Weltkrieges erfuhren die Burschenschaften in den 20er Jahren einen starken Aufschwung, obwohl besonders die Breslauer noch jahrelang bei der Verteidigung Schlesiens gegen polnische Insurgenten mitkämpften. Die 20er Jahre waren aber ebenso bereits gekennzeichnet durch die politische Polarisierung in Deutschland, die sich, Aktivitas hier, Alte Herren dort, bis in die Burschenschaften fortsetzte. Gerade sie, mit ihrem seit jeher betont nationalen Charakter, wurden zunehmend in das tagespolitische Geschehen verwickelt.
Die nach 1933 unaufhaltsame Durchdringung des burschenschaftlichen Lebens durch den Nationalsozialismus führte schließlich 1935 mit der Auflösung der Deutschen Burschenschaft auch zum Ende ihrer Breslauer Mitglieder. Die ehemaligen Burschenschaften gründeten fast überall neue „Kameradschaften“, die als Grundprinzip die Förderung der Gemeinschaft der Mitglieder hatte und die alten Traditionen weiter pflegten. Burschenschaftlich-politische Aktivitäten im herkömmlichen Sinne und auch das Mensurfechten waren ihnen aber nicht mehr möglich.
Der Zweite Weltkrieg brachte nicht nur vielen Breslauer Burschenschaftern den Tod oder Gefangenschaft, sondern auch Vertreibung ihrer Familien, Heimatverlust und damit verbunden den Verlust jeglicher Aussicht auf Neugründung ihrer Verbindungen am alten Ort. So mußte denn der Zusammenschluß der alten Breslauer Burschenschaften 1950 im Westen stattfinden – was 100 Jahre vorher nicht möglich gewesen war, wurde nun durch Vertreibung und Entrechtung mit herbeigeführt.
Als Sitz wählte man sich die neue Bundeshauptstadt Bonn, zum einen, weil die hiesige Rheinische und die einstige Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität in Breslau von der Entstehungsgeschichte und der Konzeption als Schwesteranstalten betrachtet werden konnten und außerdem der Nähe zur Breslauer Patenstadt Köln wegen, wo sich bereits andere Breslauer Korporationen zusammengefunden hatten.
Bis heute hat sich gezeigt, daß dies eine glückliche Wahl gewesen ist. Der neue Zusammenschluß der Alten Herren der Breslauer Germanen, Cherusker und Raczeks, der „Bund Alter Breslauer Burschenschafter“ (BABB), machte, zunächst gemeinsam mit der Bonner Burschenschaft Marchia, wieder eine Aktivitas auf, die sich vereinbarungsgemäß nach einem Jahr verselbständigte und zunächst den Namen „Alte Breslauer Burschenschaft“ führte.
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Raczeks nach dem Krieg
Sie gehört seit 1951, als einzige einstimmig aufgenommen, der Deutschen Burschenschaft wieder als Gründungsburschenschaft an. Die Farben weiß-schwarz-rot-gold setzen sich, entsprechend ihrer Herkunft, aus denen der vier Breslauer Traditionsbünde zusammen. Der Altherrenverband der Arminia war, aus Hamburg übersiedelt, erst 1954 im BABB aufgegangen, womit die Vereinigung aller ehemaligen Breslauer Burschenschaften abgeschlossen war.
Ebenfalls 1954 erwarb man auch das bis heute bewohnte Haus der damaligen Schiller-, heute Johannes-Henry-Straße, das dann bis Ende der 60er Jahre einen florierenden Bundesbetrieb erlebte. Zum 150jährigem Bestehen 1967 änderte der Bund seinen Namen in den seines ältesten Breslauer Vorgängers, welchen er auch heute noch führt. Im Gegenzug tauschte man die bis dato getragene (Raczek-) rote Mütze in eine schwarze um, die der Breslauer Arminenmütze nachempfunden wurde. Die ABB! der Raczeks bekennt sich zur Pflichtmensur und pflegt die Grundsätze des Waffenstudententums weiter.
Die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks sieht heute noch stärker als in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt durch den unaufhaltsamen Verlust ihrer noch in Schlesien geborenen älteren Mitglieder, ihre Aufgabe nicht nur im aktiven Bekenntnis zu den Zielen der Urburschenschaft von 1815, verkörpert durch den Wahlspruch „Gott-Ehre-Freiheit-Vaterland“, sondern auch in der Wahrung des Andenkens an den deutschen Osten.
200 Jahre Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks
In genau diesem Geist, den Deutschen Osten nie zu vergessen, feierten die Raczeks im Jahr 2017 die 200. Wiederkehr ihrer Gründung in der alten Heimat, in Breslau. In Anwesenheit des Rektors fand ein Festakt im Musiksaal der Universität zu Breslau statt.
Akademische Burschenschaft Carolina zu Prag in München
Die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn wahrt seit dem Jahr 2021 ebenfalls die Tradition ihres nunmehr nicht mehr bestehenden Bruderbundes, der ältesten Prager Burschenschaft, der Akademischen Burschenschaft Carolina zu Prag in München.